Wohnanlage Fellentor Lauterach
Wohnbauselbsthilfe Vorarlberger gemeinnützige Gen.m.b.H
6923 Lauterach, AT
Wohnbau
2015
direkter Auftrag
Fotocredits: Bruno Klomfar, Büro D\M
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Urbanität wider Segregation
Mobilität ist besonders in ländlichen Räumen nicht nur einer Frage des ressourcen- und umweltschonenden Verhaltens als viel mehr auch eine Suche nach einer Antwort auf Qualitätvolle städtebaulich verdichtete Szenarien an Bewegungsknotenpunkten. Im Zuge des Ausbaus der Bahnstrecke im unteren Rheintal wurden entlang des Bahnhofs Lauterach Grundstücke frei, die dieser Option entgegenkamen. Hier kreuzen sich nicht nur die Bahngleise aus Ost und West, hier wechseln die unterschiedlichsten Schulstufen von Bahn auf Bus und umgekehrt.
Gemeinsam wurde mit der Wohnbauförderung des Landes Vorarlberg, der Gemeinde Lauterach, dem VAI, dem Energieinstitut, dem Umweltverband, der Vision Rheintal ,dem Institut für Sozialdienste, der ÖBB und letztlich mit dem Bauherrn ein Prozeß gestartet, der in einer Arbeitsgruppe die ”Wohnzufriedenheit in Vorarlberg” speziell für diesen Ort zum Thema hatte. Aus dieser Gruppe ging der Auftrag hervor einen partizipativen Prozeß mit den zukünftigen Bewohnern zu starten.
Und dann tauchen immer wieder dieselben Fragen auf: Gibt es eine Ästhetik des Wohnens jenseits schnelllebiger Trends und Moden? Sind individueller Geschmack und gemeinschaftliche Geschlossenheit miteinander vereinbar? Gibt es Merkmale des Wohnlichen, die nicht auf privater Verzierung und Veränderung beruhen? Diese Erkundungen stehen für viele weitere, die bauliche Details ebenso betreffen können wie architektonische Grundsätze oder das soziale Gefüge.
Unsere Antwort war die Bildung eines Clusters, eines städtebaulichen dichten Implantats, das sich im ”Fußabdruck” an der Körnung der Umgebung orientiert. Die fünf Gebäude folgen im Wesentlichen dem gewachsenen Straßenraum. Sie steigen von der Fellentorstraße mit drei Geschossen an und verdichten sich am Bahnhofszugang zu sechs Geschossen. Die leichte Ausdrehung und der Versatz der Baukörper formen nicht nur den Vorplatz und den inneren Raum sondern lassen die Massen weicher und spannender erfahren. Dem Gedanken des Clusters und der Varianz folgend sind sämtliche Gebäude vom Inneren des Quartiers erschlossen. Es entsteht ein Innen und ein Außen – die Ränder sind fließend. Soziale Anteilnahme und Kommunikation sollen hier auf die Probe gestellt werden.
Unterstützt wurde diese Absicht durch die frühe Einbindung der BewohnerInnen, ein hohes Maß an unterschiedlichen Grundrissen und deren Flexibilität und nicht zuletzt die völlige Durchmischung von Miet- und Eigentumswohnungen in den einzelnen Gebäuden – Ein Novum für Vorarlberg, das einem aufgeschlossenen Bauherrn geschuldet ist!
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Üs´r Fellentor - ein Quartier neu gedacht
Mit den Architekten Dorner\Matt und seinen Mitarbeitern verbindet uns eine langjährige Zusammenarbeit. Nachdem wir mit ihnen die größte Passivhauswohnanlage in Vorarlberg mit 100 Wohnungen errichtet hatten begaben wir uns auf die Suche nach einem zeitgemäßen Umgang mit dem integrativen Wohnbau, der sich in neuer Form mit dem privaten Wohnbau auseinandersetzen sollte. Bei den bisherigen Projekten teilten sich integrativer und privater Wohnbau immer ganze Gebäude. Ein Gebäude war integrativer, das andere privater Wohnbau. Im Fellentor mischen sich nun in allen Geschossen beide. Der Eigentümer wohnt neben dem Mieter. Ziel war es der ständigen Entmischung der Wohnquartiere entgegenzuwirken. Und nichts eignete sich hier besser als ein Grundstück am Verkehrsknoten Bahnhof Lauterach. In intensiven Arbeitsgruppen wurde dieses Ansinnen, die möglichen Konflikte und deren Vermeidung von den Architekten Dorner\Matt aufgearbeitet und schlußendlich gemeinschaftlich weiterentwickelt. Der Prozeß bis zum Baustart dauerte nahezu vier Jahre und wurde von zahlreichen Institutionen des Landes Vorarlberg begleitet. Von der frühen Miteinbeziehung der zukünftigen Bewohner und ihrer Anliegen bis zur Einzugsbegleitung und einem gratis ÖBB Jahresticket wurde hier gemeinsam mit allen Planer ein für Vorarlberg einzigartiges, neues Wohn- und Mobilitätsmodell geschaffen.
Text Bauherr