Generalsanierung Schulen Hittisau

Schulerhalterverband Hittisau

6952 Hittisau, AT

Bildung

2018


3. Preis EU-weiter Wettbewerb

      • Der Fundus

        Das bestehende Gebäudeensemble der Schulen Hittisau wurde im Wesentlichen in drei Etappen - den Anforderungen der Zeit entsprechend - immer wieder weitergebaut. Dieses bauliche Potpourri bildet weitgehend keinen räumlichen und inhaltlichen Zusammenhalt ab. Die unterschiedlichsten Höhenlagen im Gebäude tragen ihren Teil dazu bei und verunmöglichen fließende Übergänge in den Freiraum. Auch die derzeitige Lage der nicht normgerechten, bestehende Turnhalle verweigert die notwendige ortsräumliche Beziehung zum Zentrum mit Kirche, Pflegeheim, Gemeindeamt und Dorfplatz. Weder die vorhandene Volumetrie noch die Struktur entsprechen den räumlichen und pädagogischen Anforderungen einer modernen Bildungseinrichtung bzw. den geforderten Flächen des Raumprogramms. Nur durch massive Eingriffe im Bestand und durch Aufstockung könnte diesem Anliegen nachgekommen werden. Im Zusammenhang mit einer ausbedingten energetischen und ökologischen Sanierung sind die finanziellen Aufwendungen bei Umbau bzw. Neubau nahezu deckungsgleich.

        Der Dispens

        Um den angestrebten wirtschaftlichen Rahmen von 20 MIO nicht über die Maße zu strapazieren erfolgt die Annäherung an das pekuniäre Ziel der Aufgabe auf umgekehrte Weise: In einem kompakten Neubau darf die Kubatur von ca. 33000 m3 des formulierten Raumprogramms nicht überschritten werden um den mittleren Wert von € 600/m3 nicht zu überschreiten!

        Die Fluktuation

        Diese räumliche Verdichtung im Neubau ist - trotz der wirtschaftlichen Herausforderung - zugleich Ansatz einer atmosphärischen Auflandung des inneren Gefüges wie dorfräumliche und städtebauliche Neuordnung. Durch das Abrücken an die westliche Grenze des Grundstücks bildet das neue Schulhaus mit der Porosität der umgebenden Gebäude wie dem Pflegeheim, dem Gemeindeamt, der Sennerei und dem Frauenmuseum einen gegliederten Freibereich mit unterschiedlichsten Nutzungen. Schulgarten und Brunnen trennen die Pausenbereiche der drei Schultypen, bilden aber auch Vorplatz für außerschulische Veranstaltungen und integrieren mit akzentuiertem Blick das Museum. Diese Durchlässigkeit ist aber nicht nur Absicht einer dörflichen Integration, sie ist auch in hohen Maße ein wesentlicher Teil der Identifikation. Es sind Gebäude für unterschiedlichste Generationen, die in starken ortsräumlichen und nutzungsübergreifenden Bezügen stehen und trotzdem selbständige Einheiten bilden. Gemeinsam ist ihnen eine zentrale Allmende, einem kleinen kommunalen Subzentrum, das sich mit dem Dorfplatz und der Kirche verankert. Ein gedeckter Vorbereich bildet den Verteiler für die drei getrennten Eingänge zur PTS, VS und NMS sowie zum Foyer der Aula. Die Raumfolge der Verwaltung, Garderobe und Nachmittagsbetreuung der VS - PTS, die mittige Aula und die Raumfolge der Verwaltung, Garderobe und Nachmittagsbetreuung der NMS umschließen die neue, tiefer liegende Doppelturnhalle.

      • Hier wird die dörfliche Durchlässigkeit ins Innere getragen, Querblicke erlauben das Geschehen beim Gegenüber zu beobachten und die Lesbarkeit des Hauses wird sichtbar gemacht. An den südlichen und nördlichen Flanken des Gebäudes steigen die Schüler förmlich nach oben in den Ring.

        In den beiden darüber liegenden Geschossen umschließt ein teilbarer, flexibler ”Klassenring” eine zentrale innere Mitte, die die Werk- und Kreativräume und zwei Lichthöfe enthalten, die zugleich als Werkhöfe genutzt werden. Dieser nach außen gerichtete und anpassbare Raumgürtel wird nur in den Eckpunkten des Gebäudes durch unterschiedliche Lernlandschaften unterbrochen, die ihrerseits mit den Lichthöfen und Lufträumen der Haupterschließung korrespondieren. Durch diese Anordnung entsteht eine soziale Beweglichkeit der Unterrichts- und Lehrräume - eine innere Mobilität entsteht. So kann Schule auf einem Geschoss ebenso stattfinden wie über zwei Geschosse oder die Räume reihen sich in loser Folge zu einer Patchwork-Schule. Auch lassen sich bei Bedarf Räume oder ganze Klassen von der anderen Schule ”ausleihen ”!

        Die modulare Anordnung drückt sich auch in dem zum Teil vorgefertigten statischen Achssystem im Raster 7,90 x 7,90 Meter und dessen Teiler aus. Auch diese Form der Systematik soll die gesuchte Wirtschaftlichkeit und Anpassungsfähigkeit unterstützen. Der bevorzugte Baustoff bleibt Holz in all seinen einfachen Formen der Vorfertigung und der regionalen Wertschöpfung!

        Der Epilog

        Kinder verbringen einen beträchtlichen Teil ihrer Kindheit in der Schule, sie durchleben in der Schule entscheidende Phasen ihrer Entwicklung. Das dort praktizierte Lernen und Schulleben legt den Grundstein für lebenslanges Lernen, für die Freude am sich Bilden und Weiterbilden sowie für eine aktive Teilnahme an der Gesellschaft und dem Verständnis zur Inklusion. Schulen sind daher heute Arbeits- und Lernlandschaften, Orte der Begegnung, Orte zum Verweilen und sollen vor allem Orte sein, an denen Kinder miteinander wachsen und Gemeinsinn entfalten können. In Bewegungs-, Spiel-, und Erfahrungsräumen lassen sich dann Kreativität und Phantasie entfalten.

        aus dem Jurybericht

        "... Die Projektverfasser schlagen einen Neubau vor, der durch seine Setzung überzeugende freiräumliche Qualitäten generiert. In einem kompakten Volumen wird das geforderte Raumprogramm in einer offenen und äußerst flexiblen Raumstruktur abgebildet. Diese stößt jedoch auf fundamentale Kritikpunkte aus pädagogischer Sicht und ist daher nicht mehrheitsfähig. Das Projekt stellt aber einen sehr interessanten wie auch wertvollen Beitrag zum Verfahren dar."