Zechwald-Areal Lindau

Süd Immobilien GmbH

2025


geladener Wettbewerb ARGE mit Bauchplan ).( Landschaftsarchitekten und Stadtplaner

      • Das Ideal
        Eine Villa im Grünen mit großer Terrasse,
        vorn die Ostsee, hinten die Friedrichstraße;
        mit schöner Aussicht, ländlich-mondän,
        vom Badezimmer ist die Zugspitze zu sehn –
        aber abends zum Kino hast dus nicht weit.
        Das Ganze schlicht, voller Bescheidenheit
        (Kurt Tucholsky 1927)

        IM GEFÜGE DER ZWISCHENSTADT
        Das scheinbar Unbegründbare zu begründen ist eine der Besonderheiten der architektonischen
        Rationalität. Um diese produktiven Widersprüche in einen Entwurf einzubinden, müssen sie sich in
        geeigneter Argumentation zur Souveränität der Architektur auflösen. Auch deshalb geht es jenseits der etablierten, städtebaulichen Typologien mehr um ein eine topologische Herangehensweise. Und es geht um das Antizipieren von Zukünften, um konzeptionelle Maßarbeit, die Spielräume offen und
        Veränderungen zulässt, ökologisch, ökonomisch als auch sozial. Die fraktale Struktur dieser Stadtlücken in der posturbanen Zwischenstadt scheint eine
        anthropologische Konstante. Viele Menschen suchen die Nähe zur offenen Landschaft brauchen aber gleichzeitig die Versorgungssicherheit der Stadt sowie die Erreichbarkeit der Arbeitsplätze. Als Folge dieser Maximierung der Berührungslinie zwischen Freiraum und Siedlungsraum entstehen innere Ränder. Diese erscheinen ebenso ein fester Wert in den Prinzipen des Stadtwachstums zu sein. Das Verständnis und das Bild dieser feingliedrigen Durchdringung von Freiraum und Siedlungsraum wird noch immer von einer tradierten, historischen Stadtentwicklung geprägt. Auch Eigentum und
        Durchlässigkeit bleiben beharrliche Antagonisten.

        DER GRÜNE STADTARCHIPEL UND DIE HOCHPUNKTE
        Das Libretto des Zech ist der Grüne Stadtarchipel, in dem nicht die Disziplin, sondern die gesellschaftliche Entwicklung die Grenzen aufhebt. Architektur und Grünraum sind hier anpassungsfähig, können auf wechselnde Bedürfnisse reagieren und sind im besten Fall les- und benutzbar wie eine Partitur, in der sich die Stimmen zur Harmonie überlagern. Es sind vier ”Architekturinseln”, die ihren unablässigen Kontext im dörflich-suburbanen finden. Nur der ”mobility hub” an der Bregenzer Straße stellt sich schirmend vor diesen Archipel. Die einzelnen Inseln strecken sich mit je vier Hochpunkten unterschiedlicher Dimension und Höhe gen den Himmel. Nach
        Anforderung und Verbindlichkeit zum Nachbarn werden die Zwischenräume der lotrechten Punkte
        einer adäquaten Nutzung übergeben. Die Längen dieser zweigeschossigen Schlusssteine um diese
        Vertikalität nimmt Maß an den zwei- bis dreigeschossigen orthogonalen Bebauungsstrukturen des umgebenden Zech.
        Die Verbindlichkeiten im Erd- und ersten Obergeschoss vereinen sich über den gesamten Archipel in der Kontingenz der Nutzung. So beherbergen die Inseln in der Nähe des ”mobility hub” die Erreichbarkeiten des Täglichen, wie die Apotheke, das Ärztezentrum, die Nahversorger, die Büros, ein Restaurant und einen großen ”bicycle and pram hub”. Während sich an der Zechwald Straße die Werkstätten und Startups konzentrieren gehen die Sportschule und der Kindergarten fließend in den Landschaftsfinger Zech über. Begleitet wird diese dörfliche Durchlässigkeit von der ebenerdigen Typologie des ”tiny“ Reihenhauses. In der Durchwegung gibt es keinen Ort ohne Adresse. Das östliche Eigentum der GWG wird durch einen viergeschossigen Neubau ersetzt und in den Gesamtprozess integriert. Erst das durchgrünte, urbane und ebenerdigen Gegenüber schafft jene Nachbarschaft die Reziprozität mit Kommunikation ausstattet. Die Ambiguität der Nutzung als auch deren Porosität folgt
        unablässig diesen Absichten.

        WOHNEN AUF DER GRÜNEN INSEL
        Über der Dorfstraße wohnen, ein städtisches Gegenüber erfahren und die ruralen, kollektiven privateren Zwischenräume in den luftigen Gärten über den urbaneren Zonen teilen differenziert diese upper - Ebenen von jenen temporären und temporär genutzten Freiräumen des umliegenden Erdgeschosses. Die Stadt der kurzen Wege interagiert hier mit der sozialen Kontrolle und angemessenen Privatheit des Wohnens. Die unterschiedlichen in Höhe und Weite erfahrbaren Vertikalen umkreisen eine mittige Erschließung. Diese 3,4,5 und 6 - Spänner induzieren Wohnungen, die im Wesentlichen über Eck immer
        in zwei Himmelrichtungen orientiert sind und sich dem Blick auf die Allgemeinflächen nicht verweigern. Die innere Flexibilität ist systemisch und anpassungsmodal, die Zimmer sind ”zuschlagbar”, da sich die technischen Kernzonen um die bauliche Mitte organisieren.

        KONSTRUKTION UND KLIMA
        Das konstruktive Prinzip des grünen Archipel sieht je Insel vier Ankerpunkte vor, vier unterschiedliche
        nahezu quadratische Gebäude, die sich mit dem nichtunterkellerten Boden verbinden. Die
        zweigeschossigen Füllungen dazwischen berühren diese Stabilisatoren und gewährleisten so eine
        graduelle Anpassung in der Nutzung und Ausdehnung. Im Sinne des ”cradle to cradle” Prinzips wird alternierend die BSH- und HBV Bauweise eingesetzt, die Außenwände ausnahmslos in Holzriegelkonstruktion in unterschiedlichem architektonischen Ausdruck. Auch der ”mobility hub” an der Bregenzer Straße folgt der Logik dieses konstruktiven, vorgefertigtem Prinzips und der Flexibilität. Die lineare und vertikale Erweiterung spielt hier ebenso eine Rolle wie die geänderte Nutzung in einer mobilitätsreduzierten Zukunft.
        Dieser konstruktive Grundgedanke enthüllt, dass die Leere des Archipels nicht leer ist, sondern mit
        Programmen und Konzepten gefüllt werden kann und dass sich folgerichtig die Architektur und die
        umgebenden ruralen Konzepte dem Moment der Veränderung, der Bewegung, der Geschwindigkeit
        verschreiben. Die konzeptionelle und nachhaltige Strategie ist vorgegeben.

        FREIRÄUME, ÖKOLOGIE UND KLIMARESILIENZ
        Das durchgrünte Bild des Stadtarchipels setzt sich konsequent in einer vielschichtigen, räumlich
        ineinandergreifenden Freiraumstruktur fort. Die großzügige autofreie Konzeption des Quartiers,
        organisiert über ein kompaktes Mobilitätskonzept mit einem zentralen Mobility Hub an der Bregenzer
        Straße, schafft die Voraussetzung für ein urbanes Miteinander in einem landschaftlich geprägten
        Kontext. Freiraum wird hier nicht als Restfläche gedacht, sondern als gestaltprägendes Element einer klimaresilienten und sozialen Stadtstruktur. Autofreie Gassen mit unterschiedlichen thematischen Schwerpunkten gliedern das Quartier, schaffen logische Orientierungen und fördern die
        Durchlässigkeit für Fuß- und Radverkehre. Diese linearen Raumfolgen sind atmosphärisch dicht, bieten ein Wechselspiel aus grünem Rückzug, nachbarschaftlichem Austausch und urbaner Lebendigkeit. Großzügige Vorzonen aktivieren die Erdgeschosse, während grüne private Rückzugsräume den Wohnungen im Erdgeschoss zugeordnet sind. Spiel- und Aufenthaltsbereiche für alle Altersgruppen sind integrativer Bestandteil einer naturnahen Gestaltung, die durch einen hohen Anteil an Vegetation und Wasserflächen geprägt ist.


      • Es entsteht eine Freiraumsequenz mit atmosphärischen Akzenten, deren zentrale Figur der Quartiersplatz bildet. Dieser ist sozialer Treffpunkt, räumliche Mitte und verbindendes Element zugleich. Das Quartier verknüpft sich über ein feinmaschiges Netz aus Plätzen und landschaftlichen Fingern mit seiner Umgebung. Das Entrée Süd zwischen Bregenzer Straße und Zechwaldstraße bildet den urbanen Auftakt – ein Ort mit adressbildendem Charakter. Der bestehende Kopernikusplatz wird als Gelenk aufgewertet und atmosphärisch in die neue Struktur integriert. Auch die Nordverbindung zum „Sport-Band“ erhält mit einem eigenständigen Sport-Entrée eine neue räumliche Qualität. Die Zechwaldstraße selbst wird zum Shared Space transformiert – mit integriertem Parken, Lieferzonen, grünen Inseln und nutzungsoffenen Rändern. Die Freiräume entwickeln sich dreidimensional an den Gebäuden weiter: Auf den Sockeln entstehen gemeinschaftliche Terrassenlandschaften mit Spielbereichen, Pflanzbeeten, Urban Gardening und informellen Aneignungsflächen. Die Dachflächen werden zu aktiven Bausteinen der Energie- und Wasserkreisläufe: extensive Begrünungen, Photovoltaikmodule und Tierhabitate ergänzen sich zu produktiven Dachlandschaften. Das Dach des Mobility Hub wird als Biotop ausgebildet – mit
        Regenrückhalt, artenreicher Wiese und Elementen des animal-aided design. Punktuelle Fassadenbegrünungen ergänzen diese Strategie – ökologische Brücken im vertikalen Raum. Insgesamt 84 neu gepflanzte Bäume spenden Schatten, prägen das Mikroklima und rhythmisieren die Räume. Das Thema Wasser wird nicht nur funktional, sondern auch sinnlich und sichtbar eingebunden: interaktive Fontänen, Wasserspiele, Tische und Trinkbrunnen machen Wasser erlebbar. Entlang der blau-grünen Gassen entstehen großzügige, offene Retentionsmulden, die gleichzeitig als klimaaktive Aufenthaltsräume funktionieren. Das Regenwasserkonzept folgt einem dreidimensionalen Kaskadenprinzip: Das Wasser wird auf den Dächern gesammelt, über die Sockelbereiche geleitet und auf Straßenebene in Schwammstadt-Prinzipien abgegeben – bei minimalem Versiegelungsgrad. Die Gebäude öffnen sich gezielt nach Norden und lassen den Wind durch das Quartier streichen – eine passive Kühlstrategie im Sommer. Das Quartier Zech versteht sich als klimatische Zukunftsinfrastruktur. Es ist ein Pilot für eine resiliente Stadtentwicklung in der Region – mit einer Freiraum- und Baukörperstruktur, die gemeinsam an einem robusten Mikroklima, an ökologischer Integration und sozialer Aneignung arbeiten. Architektur und
        Landschaft verhandeln hier nicht mehr ihre Grenzen, sondern gestalten gemeinsam eine neue Urbanität im Angesicht des Klimawandels

        ALTERNATIVE ENERGIEVERSORGUNG
        Die alternative Energieversorgung für die Beheizung und Temperierung (Stützkühlung) der Häuser
        sowie für die zentralen Warmwasseraufbereitungen erfolgt mittels Sole/Wasser-Wärmepumpen und
        Erdwärme-Tiefensonden. Aufgrund der Grundstücksform und der möglichen etappenweisen Errichtung werden 4 bzw. 2 Energiezentralen mit je einem Erdwärme - Tiefensonden - Feld empfohlen. Die Erdwärme-Tiefensonden mit einer Tiefe von 150 Metern werden unter der Bodenplatte angeordnet. Durch den Wärmeentzug im Winter kühlt das Erdreich ab und kann im Sommer zum Temperieren verwendet werden. Dadurch steigt die Energieeffizienz gegenüber herkömmlichen Systemen erheblich, die die Abwärme an die Umgebung abgeben. Die Tiefensonden werden einerseits durch die Temperierung der Wohnungen und andererseits mittels Luftwärmetauscher regeneriert. Die Wärme und Kälteabgabe erfolgt über Ziedertemperatursysteme. Auf den Flachdächern werden monokristalline PV-Module situiert. Der erzeugte Strom wird für den Betrieb der Wärmepumpen und für die Stromversorgung der Allgemeinbereiche verwendet. Der überschüssige Strom wird in das Netz eingespeist. Die Gutschrift für die Einspeisung kommt den Mietern über die Jahresabrechnung zugute. Bilanziell kann mit dem erzeugten PV-Strom der Bedarf für die Alternativ-Anlage (Heizung und Warmwasser) sowie für den Allgemeinstrom (Allgemeinbeleuchtung, Aufzug, Waschküche) abgedeckt werden.