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Wtb-Jahr: 2024

Neubau Sozialzentrum Brachsenweg Bregenz

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dorner matt Sozialzentrum Brachsenweg Modell 01

Stadtteil

Öffentlichkeit entsteht an jenen Orten an denen sich eine soziale Dichte entfalten kann. Soziale Dichte wiederum wächst nur dort, wo sich gemeinschaftliche und Versorgungsinteressen  begegnen. Zu dieser Organisation der Menschen in einer Stadtgesellschaft bedarf es der Aufteilung der Arbeit und der Zuständigkeiten sowie der zweckmäßigen Ordnung des Raums. Ist der Raum verteilt – die Ordnung konzipiert – werden die Lücken zu den Playern im Gefüge.

Während im benachbarten südlichen Stadtteil Schendlingen der Exerzierplatz und der Südtiroler Platz noch zur Öffentlichkeit und sozialen Integrität mahnen, fehlen in Neu Amerika trotz der zwischen Industrie- und Siedlungsentwicklung aufblühenden Entfaltung differenzierte fußläufige prägnante Begegnungsräume.

Die fraktale Struktur dieser Lücken scheint eine anthropologische Konstante. Viele Menschen suchen die Nähe zur offenen Landschaft – brauchen aber gleichzeitig die Versorgungssicherheit der Stadt sowie die Erreichbarkeit der Arbeitsplätze. Als Folge dieser Maximierung der Berührungslinie zwischen Freiraum und Siedlungsraum entstehen innere Ränder. Das Sozialzentrum Brachsenweg sucht mit seinem Umfeld die Porosität dieser Säume zu füllen und die urbanen Landschaften zu vernetzen.

Ort

Die gebaute Tektonik und die unverwechselbare Struktur ist wesentlicher Ankerpunkt für  Orientierung und Akzeptanz im Siedlungsraum. Die Form des Neubaus sucht ihre Wirkung nicht ausschließlich aus den inneren Abläufen, sondern wesentlich auch im Kontext. Die orthogonale städtebauliche Systematik nähert sich mit einem siebengeschossigen Hochpunkt der vermeintlich vorläufigen Bebauungsgrenze. Dieses durchgängige Gliederungsprinzip prolongiert der Neubau des Sozialzentrum zur Bildung unterschiedlichster maßstäblicher Außenräume.

Die südlichen Freiflächen des Bestands vereinen sich hierbei Platzübergreifend zu einem neuen Stadtteilplatz an dessen Tangenten sich wiederum öffentlichkeitswirksam der Eingang, das Foyer, ein Café sowie der Mittagstisch der Kinderbetreuung aneinanderreihen.

Ebene 0

Das zweigeschossige Foyer ist öffentlicher Dreh- und Verteilerpunkt für das simple innere Gefüge an dem übersichtlich die Zugänge zur Kinderbetreuung, Mehrzwecksaal, Tagesbetreuung, Café und Gesundheitszentrum liegen. Die Kinderbetreuung öffnet sich spielerisch zu den Freiräumen nach Westen, während die Tagesbetreuung nach Osten in einen kontemplativen Bewohnergarten übergeht, der auch unmittelbar ans Café angebunden ist.

In deren Mitte verbindet der separat nutzbare Mehrzweckraum das Foyer mit diese Raumgruppen. Durch das seitliche Öffnen und Erweitern des Saales entstehen unterschiedlichste zusätzliche Nutzungsmöglichkeiten für eben diese Raumgruppen. Die zweigeschossige Kapelle lässt sich ebenfalls mit dem Saal zur Einheit paaren. Beide sind stimmungsvoll über die Trägerrostdecke der Patio belichtet und belüftet. Eine beinahe eigene Einheit bildet im Südosten das Gesundheitszentrum.

Ebene 1

Kurze Wege sind für das betreute Wohnen als auch für die Mitarbeiter Attribute einer sozialen Interaktion. Im ersten Obergeschoß treffen diese beiden Nutzergruppen zueinander und wirken so einer Segregation entgegen. Die nahezu gleichwertigen Wohneinheiten teilen sich  die Erschließungs- und Freiflächen auf diesem Geschoss. Durch den Fassadenrücksprung in dieser Ebene entsteht nicht nur ein architektonisch einprägsames Merkmal nach Außen, sondern auch für jedes Appartement ein intimer kleiner Terrassenbereich. Die summarische Anbindung zu den Nutzungen im Erdgeschoß wirkt ebenso vorteilhaft wie zu den Wohngruppen in den darüber liegenden Geschossen.

Ebene 2/3/4

Übersichtlichkeit und Abwechslung vermitteln als charakteristisches  Wesen der Wohngruppen Souveränität. Eigenständigkeit und  Aneignung gehen Hand in Hand aus einer manifesten Strukturiertheit hervor. Die Mitte der Bewohnerzimmer bildet ein zirkulären Rundgang mit mannigfaltigen Abschnitten von unterschiedlicher Atmosphäre und Aufforderungscharakter. Während sich die Wohnküche, die Sitzecken und die Terrasse der Betriebsamkeit des Stadtteilplatzes zuordnen bildet das Wohnzimmer den Komplementär im Umlauf des begrünten Patio. Die nach Außen gerichtete Privatheit der Zimmer bleibt unangetastet, Lage und Weitblick artikulieren Individualität und Orientierung.

Ebene – 1

Die nördliche Feuerwehrzufahrt dient auch als wöchentliche An- und Zuliefervorfahrt. Von dieser diskreten Zone aus wird  – über eine Verbindung ins Untergeschoss – die gesamte Ver- und Entsorgung organisiert. Das Souterrain wird so zur infrastrukturellen Organisationsplattform des darüberliegenden Hauses mit mehreren vertikalen Verbindungen und einer direkten Anbindung an die Tiefgarage.

Material

In der Bertachtung der Lebenszykluskosten von Gebäuden sind Nutzung und Wartung wesentlicher Sachverhalt der Kostenrelevanz. Robustheit und Ästhetik sind hier keine Gegenspieler, sondern werden in Form des durchgefärbten mit Eisenoxid- und anderen Zuschlägen versehenen Sichtbetons Teil eines Langlebigkeitskonzepts. Die hölzernen Füllungen ergeben in dieser dualen Materialwahl eine prägende atmosphärische Tektonik. Diese äußere Robustheit entwächst der der inneren. Das konsequent konstruktiv eingesetzte Raster über alle Geschoße gewährt auch bei zukünftigen Nutzungsergänzungen und -änderungen hohe Flexibilität, da die wesentlichen Sekundärkonstruktionen in Leichtbauweise erstellt werden. Auch hier dominiert sowohl an Decke, Wand und Boden das Holz, um dem Institutionellem hin zum Wohnlichen zu entgehen. Letztlich ist es die Intention aus nur zwei einprägsamen Materialien ein nachhaltiges, unverkennbares Ganzes zu schaffen.

Chlorophyll

Die drei in ihrem Maßstab und Charakteristik unterschiedliche Grünraume um das Gebäude gehen  bedacht in die inneren Nutzungen und den Kontext über. Es sind artifizielle rurale Außenräume, die thematisch die Landschaften des nahen Seeufers weitererzählen. Bergahorn, Ulme und Rotbuche bilden hier abwechslungsreich mikroklimaaktiv schattenspendende Baumgruppen. Der maßvoll befestigte Platz im Süden mit Brunnen, Boccia und Wasserspiel ist ein Raum von hohem Aufforderungscharakter und sozialer Kontrolle, der westliche dem spielerischen Umgang der Kinder vorbehalten und der östliche bildet mit seinen Rundgängen, Hochbeeten und einem Pavillon den kontemplativen Antagonisten zur Belebtheit der anderen Grünräume.

Ebenso kontemplativ und naturverbunden sind die beiden Patios Teil eines sinnlichen und raumklimatischen Konzepts. In wechselnder Weise ranken sich der Blauregen mit den Klettergurken  nach oben und der wilde Wein mit der Berg-Waldrebe nach unten. Meditativ werden hier die Rundgänge in den Wohngruppe begleitet und eine milde Querdurchlüftung in jede Himmelsrichtung ermöglicht.

Neubau Kinderhaus Weinschlössle Bregenz

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Der Ort

Um im 17. Jahrhundert nach Bregenz zu gelangen war die Landstraße in Ihrer Verlängerung – der heutigen Gallusstrasse – einer der wenigen Zugänge zur Stadt.  An der Abzweigung in Richtung Gebhardsberg lag vor der Stadt das Gasthaus Weinschlössle. Der bestehende mehrfach renovierte Fachwerkbau ist nicht nur maßgeblich sozialhistorisch verankert, er bildet auch generationenübergreifend mit dem Kindergarten in hohem Maße ein Ort der lokalen Identifikation und gesellschaftlicher Ankerpunkt.

Knappheit ist kein Mangel. Eine Aufgabe einzugrenzen, bedeutet sich zu entscheiden, sich mit den Ressourcen und dem Ort rücksichtsvoll auseinander zu setzen. Das neue dreigeschossige Kinderhaus will weder Antagonist noch Marginalie zum bestehenden viergeschossige Giebelbau sein, vielmehr sind es die im Kontext liegenden Solitäre, eingebettet im gärtnerischen Grün, die hier Vorbild und Pate sind. In einer gewissen eigenständigen Ruhe ergänzen sich die beiden Gebäude über eine neu belebte demokratisch genützte Mitte.

Der Außenraum

Man durchschreitet förmlich die rurale Komprimiertheit der Frei- und Spielflächen der Kinder, um mittig im Neugebäude empfangen zu werden. Das Fachwerk des Weinschlössle, die feingliedrige Fassade des Kinderhauses und die bespielte Rückwand des eingeschossigen Garagengebäudes an der Nordseite bilden einen übersichtlichen, vermittelnden Hof zur Öffentlichkeit, ein Ort des Austausches und der Kommunikation. Die bestehenden Bäume und Naturarchipele werden entlang der Garagenwand durch ein Spiel- und Lernregal ergänzt. Ähnlich einem Setzkasten befinden sich hier Truhen für alle möglichen Utensilien, Spielgeräte selbst und Duft- und Fruchtpflanzen in Hochbeeten. Daneben laden unterschiedlich Biotope und begeh- und berührbare Naturerlebnisse zu Entdeckungstouren ein. Es ist ein Auseinandersetzen mit den Elementen und das Sammeln von Materialen und Erfahrungen. Dazwischen mischen sich die sportlichen und spielerische Bereiche. Der externe Zugang zum Bewegungsraum liegt im Westen und ist fußläufig an das örtliche Wegenetz zusätzlich angebunden. Diese differenziert gestalteten Freibereiche bilden mit ihren anschaulichen Angeboten eine vielfältige und atmosphärisch dichte Erlebniswelt.

Überarbeitung

Kindergarten – Kinderbetreuung – eine vollzogene Überlegung

Wir sind uns treu geblieben und haben den konzeptiven Ansatz der ersten Überlegungen entsprechend den Empfehlungen weiter vertieft. Organisatorisch hat sich das Erdgeschoss strukturell am wenigsten geändert.  Großzügige Erschließungs- und Kommunikationszone mit zentralem Stiegenhaus. Diese Verteilerzone erstreckt sich über alle Geschosse. Der Multifunktionsraum und der Bewegungsraum mit separaten Zugang sowie die Büroräume des Kindergarten umkreisen diese Mitte.

Durch eine Anpassung des konstruktiven Rasters wird besonders in den beiden Obergeschossen die nördlich gelegene dienende Zone zugunsten der Gruppen-, Ausweich- und Therapieräume entlastet. Die Kleinkinderbetreuung mit zwei Gruppen konzentriert sich nun im ersten Obergeschoss und besitzt in deren Mitte eine Kindergarteneinheit. Im zweiten Obergeschoss befinden sich drei weitere Kindergartenmodule. Alle Gruppenräume sind umspült von der Durchlässigkeit der Ausweichräume. Das verbindende Oberlichtshed entlang der Mitte des Kinderhauses bringt nicht nur Licht tief ins Innere bis ins erste Obergeschoss, sondern gewährt auch über drei zweigeschossige Lufträume eine Querdurchlüftung. Diese simple Grundstruktur ergänzt sämtliche Räume in zweiten Obergeschoss und schafft so schlichte Identität. In den beiden Obergeschossen öffnen sich komplementär im Besondern die Räume an den Stirnseiten des Gebäudes in die umgebenden Naturlandschaften.

Konstruktion – Atmosphäre

Den ordnenden Rahmen nach außen bildet der weiße gestockte Sichtbeton, der die hölzernen Füllungen sowohl zur Schauseite in den Garten zum Eingang als auch in die umgebenden Naturräume an den Stirnseiten in verschiedenen Ebenen abbildet. Das Materialkonzept im Innenraum wird weitgehend durch den Einsatz von Holz und verschiedener mineralischer Stoffe bestimmt. Konsequenz, Solidität und Haptik sind wesentliche Gestaltungsmerkmale für ein vertrautes Erscheinungsbild, das Kindern und Pädagog:innen genügend Gestaltungsspielraum zur eigenen Entfaltung überlässt.

Die innere Konklusion folgt der Äußeren und umgekehrt. Die Stirnseiten mit den großen Öffnungen in die umliegenden Gärten des ”Dorfs” gehen an den Längsseiten in eine taktile Raumstruktur über, die sich feingliedrig, wie das haptische Gewebe einer Gartenlaube über die Fassade zieht. Schutz, Transparenz und die unterschiedlichsten Lichtstimmungen greifen so ineinander.